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Aktuelles Freitag, 24.01.2025
Die Krankenhäuser des Landkreises planen Umstrukturierung

Ziel ist die langfristige Sicherung der beiden Standorte
Die „Krankenhäuser des Landkreises Amberg-Sulzbach“ planen die größte strukturelle Veränderung seit Bestehen des Kommunalunternehmens. Vorstand Roland Ganzmann, Landrat Richard Reisinger und Joachim Neuß, Bürgermeister der Stadt Auerbach, informieren über die beschlossenen Veränderungen für das St. Anna Krankenhaus in Sulzbach-Rosenberg und die St. Johannes Klinik in Auerbach.

Frage: Welche Umstrukturierung ist konkret geplant?

Ganzmann:

Die für das Kommunalunternehmen Verantwortlichen haben einvernehmlich den Beschluss gefasst, den Betrieb des Akut-Krankenhausbereiches an der St. Johannes Klinik im Laufe des Jahres 2026 zu beenden. Es handelt sich hierbei um den kleineren Teilbereich der Klinik mit nur noch 30 Betten. Dieser Leistungsbereich soll aber nicht ersatzlos aufgegeben, sondern an das St. Anna Krankenhaus verlagert werden. Die St. Johannes Klinik wird in diesem Zuge vollständig als Einrichtung für Geriatrische Rehabilitation aufgestellt und weitergeführt.

Frage: Verliert Auerbach damit sein Krankenhaus?

Ganzmann:

Der Fortbestand der St. Johannes Klinik wird mit der Umstrukturierung gesichert. Alle vorhandenen Kapazitäten werden für den Ausbau und die Stärkung der Geriatrischen Rehabilitation benötigt, da sich die Gesamtbettenzahl nicht reduzieren wird. Die Verlagerung des Akutbereiches ist aus manchen Gründen sehr bedauernswert. Aus medizinischer Sicht haben sich die Akutbetten am Standort sehr bewährt, beispielsweise musste bei einer akuten Verschlechterung eines Rehabilitanden mit stationärer Behandlungsnotwendigkeit keine Verlegung in ein anderes Haus erfolgen und die Akutbehandlung konnte direkt vor Ort und mit maximalen Vorkenntnissen quasi „aus einer Hand“ erfolgen. Oftmals konnte der Patient zeitnah wieder in die Rehabilitation eingegliedert werden.
Die von der Bundesgesundheitspolitik vorangetriebene Krankenhausreform, die mittlerweile im sog. Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) beschlossen worden ist, macht aber eine Fortführung des Akutbereiches an der St. Johannes Klinik spätestens zum 01.01.2027 unmöglich.
Das Gesetz verlangt mit seinen darin fixierten Strukturvorgaben die Schließung des Krankenhausbetriebes in Auerbach. Für die Aufrechterhaltung der 30 Akutbetten wären zum Beispiel eine Intensivstation mit entsprechender Ausstattung und qualifiziertem Personal am Standort, eine mindestens 10-stündige Endoskopie pro Tag sowie - nur für die 30 Akutbetten! - mind. 6 Fachärzte in zwei getrennten Rund-um-die Uhr-Diensten vorzuhalten. All diese Strukturen sind in der St. Johannes Klinik nicht vorhanden und auch nicht zu realisieren.
Die Schließung des Krankenhaus-Bereiches an der St. Johannes Klinik ist somit eine direkte Folge der gesundheitspolitischen Gesetzgebung. Diese hat ja auch explizit zum Ziel, dass eine signifikante Anzahl von Krankenhäusern aus dem Markt genommen wird. Der Krankenhausstandort Auerbach hat somit aufgrund der gesetzlichen Vorgaben ab 2027 leider keine Existenzmöglichkeit mehr.
Wir hatten deshalb nur zwei Optionen: entweder auf den ersatzlosen Wegfall der Akutbetten zum 01.01.2027 zu warten oder jetzt eine aktive Verlagerung anzugehen, um das gesamte bisherige Leistungsspektrum dauerhaft weiter anbieten zu können. Ich bin dabei grundsätzlich sehr froh, dass das Hauptstandbein der St. Johannes Klinik, die Geriatrische Rehabilitation, von den aktuellen bundesgesundheitspolitischen Planungen überhaupt nicht betroffen ist. Damit existiert für die St. Johannes Klinik mit der zukünftigen Konzentration auf die Rehabilitation ein sehr guter langfristiger „Plan B“.

Frage: Die St. Johannes Klinik gibt es also auch in Zukunft weiterhin?

Neuß:

Die Zukunftssicherung des Standortes an der Klinik war für uns alle eine wichtige Vorgabe. Dadurch, dass die gesamte Kapazität der Klinik aufrechterhalten werden soll, können wir allen Beschäftigten weiterhin sichere Arbeitsplätze gewährleisten. Für die allermeisten dürften sich auch gar keine großen Veränderungen im Arbeitsalltag ergeben, da die Rehabilitation ohnehin bereits der Schwerpunkt der Klinik war. Als Bürgermeister schmerzt mich der Verlust des Akutbereiches zwar sehr, aber die Alternativlosigkeit ist natürlich auch mir bewusst.
Am Ende des Tages dürfen wir froh darüber sein, dass die St. Johannes Klinik eine sichere Zukunftsoption hat und ein Aufgabenspektrum ausbauen darf, zu dem sie sich in vielen Jahren einen sehr guten Ruf erwerben konnte.
Die Beschäftigten in der St. Johannes Klinik haben sich Sicherheit und Zuversicht auch mehr als verdient.

Letztlich erweist sich damit die seinerzeitige Umstrukturierung zur Klinik für geriatrische Rehabilitation jetzt als entscheidender Glücksfall. Ohne diese Fachausrichtung wäre die
St. Johannes Klinik ein typisches Opfer der Krankenhausreform, so wie man es sich in Berlin offensichtlich auch gewünscht hat. Durch die Geri-Reha hingegen kann der Fortbestand nicht nur gesichert werden, sondern unser örtliches Krankenhaus in einem – aufgrund der demografischen Entwicklung - medizinischen Wachstumsfeld sogar noch erfolgreich ausgebaut werden.

Frage: Was bedeutet die Entscheidung für das St. Anna Krankenhaus in Sulzbach-Rosenberg?

Ganzmann:

Wir vollziehen zunächst eine klare Aufgabenteilung zwischen den Standorten. St. Anna als Krankenhaus und St. Johannes als Klinik für Rehabilitation. Am St. Anna Krankenhaus soll eine zusätzliche Abteilung das vorhandene Behandlungsspektrum sinnvoll ergänzen und damit auch den Krankenhausbetrieb im Kontext der Krankenhausreform weiter stärken und langfristig absichern helfen. Ich muss zum heutigen Zeitpunkt allerdings betonen, dass dafür sehr viele Entscheidungsträger aktiv eingebunden und viele Umsetzungsschritte erst noch genehmigt werden müssen. Ein Planungshorizont von ca. 1,5 Jahren ist deshalb sicher notwendig. Sehr erfreulich ist, dass des StMGP uns bereits grundsätzliche Unterstützung für die Umstrukturierung signalisiert hat. Das St. Anna Krankenhaus ist aus meiner Sicht ein unverzichtbarer und wichtiger Bestandteil der stationären Gesundheitsversorgung in der erweiterten Region und wird dies auch bleiben. Das Einzugsgebiet vergrößert sich dabei bereits seit den Jahren der Corona-Pandemie kontinuierlich. Dies ist sicher vor allem auch den hochengagierten Mitarbeitern zu verdanken, wegen derer wir stets als verlässlicher Partner des Rettungsdiensts fungieren und unsere vollen Aufnahmekapazitäten zu jeder Zeit gewährleisten können. Mit der Integration der Auerbacher Betten wollen wir die Behandlungsqualität in interdisziplinären Behandlungsteams auch für unsere geriatrischen Patienten noch weiter optimieren.

Frage: Verbessert die Umstrukturierung die finanzielle Lage des Unternehmens?

Reisinger:

Zunächst möchte auch ich betonen, dass sich für unsere Beschäftigten keine Nachteile ergeben und die Zukunftssicherheit für unsere beiden Standorte erhöht werden soll. Zunächst werden wir den Betrieb inhaltlich auch unverändert fortführen. Leider ist es so, dass die Finanzierung der Betriebskosten für alle deutschen Krankenhäuser grundsätzlich nur in unzureichendem Ausmaß vollzogen wird. Besonders für die letzten Jahre mit hoher Inflation und entsprechenden Sach- bzw. Personalkostensteigerungen wurden die Erlöse für die Kliniken auf einem deutlich zu niedrigem Niveau systematisch gedeckelt. Die Folge ist, dass die deutschen Krankenhäuser in weit überwiegendem Ausmaß in der Defizitfalle sitzen und allerorten die Verluste in den nächsten Jahren immer weiter steigen werden. Auch das aktuelle Gesetz schafft hier keine Abhilfe, mindestens bis zum Jahr 2029 wird die Grundproblematik fortgeschrieben und danach verbessert sich nur etwas, wenn bis dahin genügend Kliniken den Markt verlassen haben und das Gesamtbudget auf deutlich weniger Standorte verteilt werden kann. So ist es jedenfalls der bundespolitische Plan.

Für die öffentlichen Träger, für Kommunen und Städte und auch für unseren Landkreis Amberg-Sulzbach bedeutet es in den nächsten Jahren sicher eine große finanzielle Kraftanstrengung, den jährlichen Defizit-Ausgleich für das Kommunalunternehmen im Haushalt abbilden zu können – und zwar schon ohne die aktuell geplante Umstrukturierung mit einzubeziehen, für die ja ebenfalls für zusätzliches Personal und Infrastruktur in Vorleistung gegangen werden muss. Bei der Umstrukturierung geht es zumindest in den ersten Jahren eher um Standortsicherung als um Verbesserung der finanziellen Lage, auch weil die Betriebskostenfinanzierung der Krankenhäuser grundsätzlich in Berlin noch unzureichend geklärt und ausgestaltet ist und vor Ort aktuell gar nicht sinnvoll langfristig geplant werden kann.

Dieses Grundproblem teile ich hierbei mit meinen bayerischen Landratskollegen, für uns alle ist das Problem der steigenden Krankenhausdefizite eines mit größter Brisanz. Ich bin mir mit meinen Kollegen aber auch einig, dass die stationäre Gesundheitsversorgung unserer Bevölkerung als Teil der Daseinsvorsorge gesichert bleiben muss, auch wenn es hierzu einige schwere Jahre zu überstehen gilt.
Der Freistaat Bayern versucht dankenswerter Weise mit diversen Förderprogrammen, wie z.B. für die Geburtshilfe, die gute flächendeckende stationäre Versorgung bei uns zu stützen, auch im Wissen darum, dass ein Konzept aus NRW in einem Flächenstaat wie Bayern mit einem Anteil kleiner Krankenhäuser von über 50% nicht gleichermaßen funktionieren kann.
Als Landrat unterstütze ich die vorgesehene Umstrukturierung innerhalb des Kommunalunternehmens vorbehaltlos. Damit tragen wir letztendlich auch unseren Anteil dazu bei, der bundespolitischen Maßgabe, die Zahl der Krankenhausstandorte zu reduzieren, nachzukommen.